Keine Wohncontainer auf dem ehemaligen Format-Gelände


Mit den Planungen des Lahn-Dill-Kreises am Haigerer Stadtrand (ehemaliges Gelände der Firma Format) hat sich der Magistrat in seiner Sitzung am 5. Dezember 2022 intensiv beschäftigt und einstimmig beschlossen, das vom Lahn-Dill-Kreis (kurz: LDK) vorgesehene Vorhaben zur Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft in Wohncontainern über fünf Jahre abzulehnen.

Bereits vorauslaufend wurde  Landrat Wolfgang Schuster von Haigers Bürgermeister Mario Schramm über die erheblichen Bedenken der Stadt informiert. Der Landrat hat zugesagt, die Überlegungen des Kreises an diesem Standort aufzugeben. Damit ist das Vorhaben vom Tisch, das aus Sicht des Magis-trates bereits nach Bekanntwerden durch die veröffentlichte Pressemitteilung am vergangenen Samstag (3. Dezember), in der Nachbarschaft und der Bevölkerung zu vielen Fragen geführt hatte.

Allerdings ist die Stadt Haiger, wie auch alle anderen Kommunen, gemäß dem so genannten „Landesaufnahmegesetz“ verpflichtet, schutzsuchende Menschen, die dem Lahn-Dill-Kreis zugewiesen werden, aufzunehmen. Laut LDK kommen momentan pro Woche rund 70 Flüchtlinge im Kreis an, die es dann auf die Kommunen zu verteilen gilt. Nachdem das geplante Zelt in Herborn nicht weiter genutzt werden konnte, hat sich der LDK an andere Kommunen gewendet. 

Dorfgemeinschaftshäuser, Sport- und Mehrzweckhallen stehen der Bürgerschaft weiterhin zur Verfügung

Nach dem erfolgreichen Oktoberfest auf dem Paradeplatz in diesem Jahr war dieser Standort vom Kreis angefragt worden. Alternativen wie der städtische Parkplatz am Haarwasen oder ein Grundstück auf der Kalteiche waren dem Kreis zu abseits gelegen. Eine weitere Alternative, auf die Dorfgemeinschaftshäuser, Sport- und Mehrzweckhallen in den Stadtteilen zuzugreifen, wurde vom Magistrat als ausgesprochen ungünstig angesehen,  da in diesen Gebäuden gerade in den Wintermonaten eine hohe Frequenz von Sporttreibenden, aber auch der Bürgerschaft zu verzeichnen ist. Daher blieb nur die Lösung Paradeplatz übrig.

Deutsches Rotes Kreuz kümmert sich um Betreuung der Schutzsuchenden

Diesen Standort hat der LDK nun von der Stadt Haiger angemietet und einen Zeltbauer mit dem Errichten von drei Leichtbauhallen beauftragt.

Betreut werden die schutzsuchenden Menschen vom Deutschen Roten Kreuz (kurz: DRK), das bereits in den vergangenen Jahren viele Erfahrungen sammeln konnte. Der Paradeplatz wird durch einen vom Lahn-Dill-Kreis beauftragten Sicherheitsdienst rund um die Uhr - sieben Tage die Woche - bewacht. Man geht momentan, so die Sachlage aus Wetzlar, davon aus, dass zehn Security Mitarbeiter für 200 Flüchtlinge eingesetzt werden. 

Vertreter der Polizeistation Dillenburg, Verantwortliche des Ordnungsamts der Stadt Haiger, der vom Kreis beauftragte Betreiber (DRK) sowie das Security-Unternehmen treffen sich regelmäßig zu Sicherheitsbesprechungen um evtl. auftretende Sicherheits- und Gefährdungslagen frühzeitig zu erkennen und  diesen gegebenenfalls entgegenzuwirken.

Der Magistrat ist froh, dass sich der verantwortliche LDK umfassend um die Menschen kümmert und mit dem DRK ein Partner gewonnen wurde, der mit viel Erfahrung, Know-how und entsprechenden Betreuungskonzepten ausgestattet ist.

„Dies können wir als Stadt nicht leisten“, sagte Bürgermeister Mario Schramm: „Wenn nämlich die Zuweisung über Busse die Unterbringung in städtische Liegenschaften erforderlich macht, sind wir als Verwaltung gefordert.“ Erste Erfahrungen hat die Stadt mit der Unterbringung von 58 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine im ehemaligen Krankenhaus gemacht, wo alle Beteiligten einschließlich der vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer nach sechs Wochen am Ende ihrer Kräfte waren.

Ehemaliges Krankenhaus wird Unterkunft für geflüchtete Jugendliche

„Damals mussten wir die Registrierung, Aufnahme, Verpflegung, Betreuung, Security-Dienst, Dolmetscheraufgaben und vieles mehr von der Stadt aus organisieren, was ein unheimliches Pensum war, das geleistet wurde“, berichtet Schramm. Das ehemalige Krankenhaus wird in den nächsten Monaten 18 unbegleiteten Jugendlichen Obdach bieten. Die Betreuung hat ebenfalls das Deutsche Rote Kreuz übernommen und zwei Geschosse des Gebäudes dafür angemietet.

Die Jugendlichen sind im Alter zwischen 12 und 18 Jahren und erfahren eine ganztägige Betreuung durch Sozialarbeiter des DRK. „Wir wissen, dass eine enorme Belastung, auch Ängste, Sorgen und Bedenken in der Bürgerschaft mit diesen Unterbringungen verbunden sind“, sagt Schramm im Namen des Magistrates: „Nur besteht eine gesetzliche Pflicht zur Verfügungsstellung von Flächen.“

Flächenbesitzer zieht sein Angebot zurück 

HINWEIS: Wie der vrm-Verlag berichtete, hat der Eigentümer der ehemaligen Format-Fläche sein Angebot an den Lahn-Dill-Kreis - nach Rücksprache mit Bürgermeister Mario Schramm - zurückgezogen. Der Haigerer Magistrat hatte das Projekt „Containerdorf“ am Montagabend ebenfalls einstimmig abgelehnt.