Angebliches „Ansprechen von Kindern“ bestätigt sich nicht


In den vergangenen Tagen häuften sich Meldungen per WhatsApp oder über soziale Medien, in denen besorgte Eltern sehr konkret (einschließlich LDK-Nummernschild) vor dem Fahrer eines Kleinwagens warnten, der Kinder vor Schulen angesprochen haben soll. Ermittlungen der Polizei ergaben, dass das Fahrzeug, das Kennzeichen und der Halter in keinem Fall in Zusammenhang mit dem Ansprechen von Kindern in Verbindung steht. Das teilte Pressesprecher Guido Rehr (Dillenburg) am 22. November 2023 mit.

Bereits zwei Wochen liegen Ermittlungen der Kripo zurück, die ihren Ursprung im verdächtigen Ansprechen von Schülern in Ehringshausen hatte. Ein Kind übermittelte der Kripo ein LDK-Kennzeichen. Ermittlungen ergaben, dass es sich um einen Ablesefehler handelte. Das Kennzeichen des von dem Täter in Ehringshausen benutzten Kleinwagens stimmt nicht mit dem von dem Kind übermittelten Kennzeichen überein. Nach einer sogenannten „Gefährderansprache“ mit dem ermittelten Fahrer konnte ein strafrechtlicher oder gefährdender Hintergrund seines Verhaltens nicht bestätigt werden. Offensichtlich tauchte im Laufe von Eltern-Warnmeldungen zu diesem Fall auch das falsch abgelesene Kennzeichen auf und verbreitete sich per WhatsApp und über die sozialen Medien. Allerdings ohne den Bezug zu Ehringshausen. Vielmehr wurde die Warnung unreflektiert für Schulen im nördlichen Dillkreis übernommen – unter anderem die Haigerer Johann-Textor-Schule.

Anfang dieser Woche poppten diese Meldungen, einschließlich des falschen Kennzeichens, in Eltern-Gruppen von WhatsApp und Facebook-Gruppen auf. Die Meldungen zeigten den Screenshot eines Warnhinweises zu dem falsch abgelesenen LDK-Kennzeichen und nahmen Bezug auf Sichtungen an weiteren Schulen. Eine geringe Anzahl von Schülern meldeten in der Folge die Sichtung dieses Kennzeichens ihren Eltern. Diese informierten wiederum die Schulleitungen, die sich letztlich an die Polizei wandten.

Zudem leiteten einige Eltern den Screenshot an ihre Kinder weiter, die diese ihrerseits entweder ebenfalls weiterleiteten oder an Bushaltestellen oder in der Schule ihren Mitschülern zeigten. Ermittler der Kriminalpolizei Dillenburg gingen den Hinweisen nach und befragten die Kinder. Nun räumten einige Kinder ein, den Wagen nicht selber gesehen zu haben, sondern nur vom "Hörensagen" davon erfahren zu haben. Zwei Kinder erklärten den Ermittlern, die Sichtungen frei erfunden zu haben. Polizeisprecher Rehr: „Letztlich konnte kein Kind ermittelt werden, das den Kleinwagen tatsächlich vor einer Schule beobachtet hatte.“

Das Kennzeichen ist eine aktuelle Zulassung. Ermittlungen ergaben, dass weder das Fahrzeug, noch das Kennzeichen oder der Halter in Zusammenhang mit dem Ansprechen von Kindern in Verbindung gebracht werden können.

„Der geschilderte Fall ist ein fatales Beispiel für die Dynamiken, die Warnmeldungen über Messenger oder soziale Medien auslösen können“, sagte Guido Reher. Das unreflektierte Verbreiten verändere die Information nicht selten nach dem "Stille-Post-Prinzip". Dies erschwere einerseits die Polizeiarbeit und bringe andererseits Unbeteiligte in gefährliche oder mindestens unangenehme Situationen. „Niemand möchte unverschuldet in den Fokus polizeilicher Ermittlungen geraten oder sprichwörtlich an den Pranger gestellt werden“, erklärte der Polizei-Pressesprecher.

Grundsätzlich sollte ein Kind ernst genommen werden, das seinen Eltern von ungewöhnlichen Situationen berichtet. Ratsam sei es, umgehend die Polizei zu informieren. Die Polizei nehme solche Hinweise immer ernst und gehe ihnen mit größter Sorgfalt nach. Die gezielte Befragung der Kinder nach dem tatsächlichen Geschehen sei „Aufgabe der Polizei“, sagte Rehr. In den meisten Fällen würden die Schilderungen und Wahrnehmungen anderer Kinder als eigene Erlebnisse weitergeben oder es handele sich um harmlose Begebenheiten, die für das Kind ungewöhnlich aussahen.