Haiger will Hochwasserschutz vorantreiben


Vor fast genau einem Jahr hat Bürgermeister Mario Schramm die Antragsunterlagen zum Bau eines Hochwasser-Rückhaltebeckens in  Sechshelden, die von der Stadt Haiger zusammengestellt worden waren, an das Regierungspräsidium in Gießen übergeben. Gerne würden Magistrat und Verwaltung weitere Schritte gehen – doch daraus wird zunächst nichts, wie der Bürgermeister in der letzten Stadtverordnetenversammlung vor den Ferien erklärte. „Uns liegt ein aktuelles Schreiben des Regierungspräsidiums Gießen vor, in dem der RP darauf hinweist, dass in dem laufenden Planfeststellungsverfahren „weitere Stellungnahmen“ erforderlich sind. Dadurch verzögere sich das Verfahren leider erneut. 

So solle zum Beispiel die Obere Naturschutzbehörde eine Stellungnahme zu dem Projekt abgeben. Auch die Regionalplanung müsse laut RP gehört werden, da es sich um ein FFH-Gebiet handele und Ziele der Raumordnung tangiert würden. „Man hat uns erklärt, es handele sich um eine ‚Zielabweichung zum Regionalplan Mittelhessen‘“, erklärte der Rathaus-Chef.

Stadt braucht Infos, um Beihilfeanträge stellen zu können

Die Stadt habe um eine Einschätzung des RP gebeten, wie schnell die Umsetzung angegangen werden könne. „Das müssen wir wissen, um Beihilfeanträge stellen zu können.“ Laut RP dürfe jedoch erst an dem Projekt weitergearbeitet werden, wenn die Regionalplanung positiv entschieden habe. Besonders ärgerlich aus Sicht des Magistrats: Wann die Regionalplanung das nächste Mal tagt, war nicht in Erfahrung zu bringen. 

„Der Magistrat ist sehr enttäuscht. In Dillenburg wurde zeitnah gebaut, und in Sechshelden drängt es genauso“, sagte Schramm auch unter dem Eindruck der aktuellen, schlimmen Unwetter in Deutschland: „Wir hören leider nur Forderungen aus Gießen.“ Schramm kündigte an, eine direkte Anfrage an Regierungspräsident Dr. Ullrich zu stellen. „Wenn das nicht hilft, müssen wir in Wiesbaden vorstellig werden.“

Die Antragsunterlagen umfassen mehrere Aktenordner. Die Stadt rechnet damit, umfangreiche Zuschüsse des Landes Hessen für das 3,3-Millionen-Euro-Projekt zu erhalten. Geplant ist ein rund 69.000 Kubikmeter Wasser fassendes „Grünes Becken“. „Ziel aller Maßnahmen ist es, ein so genanntes ,100-jährliches Hochwasserereignis‘ zu verhindern“, wie Bauamtsleiter André Münker mitteilte. Hintergrund der Planungen war ein extremes „Niederschlags-Abfluss-Ereignis“, wie es die Experten nennen, vor einigen Jahren im kompletten oberen Lahn-Dill-Kreis. Dabei war Sechshelden in großem Ausmaß betroffen, viele Anlieger wurden Opfer des Hochwassers. Daraufhin beauftragte die Stadt Haiger ein Planungsbüro damit, die Hochwassersituation am Hengstbach zu beleuchten und ein Hochwasserschutzkonzept zu erarbeiten.

Diese Planungen sind seit 2020 abgeschlossen. Das Rückhaltebecken am Rand der Kreisstraße 49 - Gemarkung „In Kuhmarschwies“ und „Vor Kuhmarschwies“ - ist etwa 200 Meter von der Ortsbebauung entfernt. Die Flächen werden derzeit als Dauergrünland und Ackerflächen genutzt. Sie befinden sich im FFH-Gebiet „Krombachswiesen und Struth bei Sechshelden“. Der Erddamm soll mit einem Durchlassbauwerk als offenes Trogbauwerk errichtet werden. Die Dammhöhe würde bei 7,30 Metern liegen, der Damm etwa 150 Meter lang werden.

Geplant ist ein „komplett überströmbarer Damm“, der sich aufgrund der geplanten naturnahen Oberflächengestaltung (Dammböschung mit Oberbodenandeckung und Grasnarbe, wasserseitige Pflegewege aus Schotterrasen) sehr gut in das vorhandene Landschaftsbild einfügen soll. „Die bergige Struktur lässt den Damm eher als natürliche Erhebung als ein künstliches Bauwerk erscheinen“, heißt es in den Antragsunterlagen.

Umfangreiche Vermessungen

In den vergangenen Jahren haben umfangreiche Vermessungen, Kartierungen, Untersuchungen der Naturschutz- und Landschaftsplanung, Überprüfungen schützenswerter Objekte, hydraulische Berechnungen und geotechnische Sondierungen in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Gießen stattgefunden. Zudem fanden eine Gewässerstrukturkartierung sowie eine Grünland-Kartierung und eine Erhebung der invasiven Arten entlang des Kuh- und Hengstbaches statt.