Zwei Abende voller Emotionen


Wenn die Zuhörer nach dem Ende eines Songs sekundenlang mit dem Applaus warten, um auch den letzten Klang noch in sich aufnehmen zu können, dann kann das nur eins bedeuten: Das Publikum ist tief ergriffen und bewegt. Genau dieses Phänomen war bei den beiden Konzerten von Jördis Tielsch in der Langenaubacher Kulturkapelle zu erkennen. Nach den Liedern der 29-jährigen Sängerin und Songschreiberin hätte man die berühmte Stecknadel fallen hören können – die Sinnerin bescherte gemeinsam mit dem Gitarristen Peter Schneider den rund 200 Gästen in der Kapelle zwei Abende voller Musikalität und Emotionen.  

Zum dritten und vierten Mal war die Künstlerin zu Gast in Langenaubach – die Organisatoren des Kulturamtes hätten sogar noch Tickets für ein drittes Konzert verkaufen können. Die Fans durften feststellen, wie sich die junge Frau von Jahr zu Jahr weiterentwickelt hat. Aus dem jungen Mädchen mit der „erwachsenen“ Stimme, das 2008 als 13-Jährige mit Coversongs wie „Chasing Cars“ oder „Other side of the world“ begeisterte, ist längst eine anerkannte und ambitionierte Künstlerin geworden, deren Songs musikalisch passen und eine erstaunliche inhaltliche Tiefe besitzen.

Viele persönliche und inhaltlich „tiefe“ Songs auf der neuen Scheibe

Das verdeutlicht vor allem die aktuelle EP „Bring mich zurück“, die thematisch breit aufgestellt ist. Die aktuelle Preisträgerin des Förderpreises für junge Liedermacher der Hanns Seidel Stiftung verarbeitet darin zum Beispiel ein Gespräch mit ihrem Großvater über dessen Jugend („Der Ring“) und rechnet in einem anderen Song mit Menschen ab, die ihr auf die Nerven gehen: „Niemand braucht so’n Typ wie Dich!“ „Dieses Lied“, berichtet sie schmunzelnd, „musste einfach mal raus“. In nachdenklich stimmenden Moderationen erzählt die Künstlerin von Problemen im Musikbussiness („Es gibt nicht immer nur Rückenwind“), von Zweifeln und Ängsten und der Suche nach jemandem, der einen in den Arm nimmt, was sie im Song „Embrace your fears“ wunderbar schildert.

„The river is me“ wiederum setzt sich mit dem Whanganui-Fluss auf der Nordinsel Neuseelands auseinander, der eine große Bedeutung für die Ureinwohner, die Maori, hat und als erster Fluss weltweit Persönlichkeitsrechte erhielt. Den Song präsentierte die Künstlerin kürzlich auch beim „Evening of Hope“ in Eberswalde, wo sie unter anderem mit der bekannten Forscherin Dr. Jane Goodall zusammentraf.

Peter Schneider begleitet zurückhaltend, aber dennoch virtuos

Das Duo-Konzept gemeinsam mit dem Gitarristen Peter Schneider, der Jördis Tielsch bereits bei ihrem ersten „großen“ Auftritt 2008 begleitet hatte, ist seit Jahren bewährt und kann nur als kongenial bezeichnet werden. Der Berufsmusiker gewährt der „Frontfrau“ bewusst jede Menge Raum, lässt aber in jedem Song auch seine großen Fähigkeiten als Gitarrist aufblitzen.

Zurückhaltend, aber dennoch virtuos begleitet er die Stücke – und wenn dann bei Liedern wie „Toss the feather“ Power und Geschwindigkeit gefordert sind, dann lässt sich der gebürtige Langenaubacher nicht lumpen. Das von Geige und Gitarre unisono vorgetragene Instrumentalstück – bekannt auch von den „Corrs“ – gehörte angesichts der Virtuosität zu den Höhepunkten des Abends.

„Ich komme immer wieder gerne nach Haiger“, verabschiedete sich Jördis Tielsch nach jeweils zwei Zugaben von ihrem Publikum, das tief beeindruckt die Kapelle verließ.

AUSBLICK:

Im Herbst geht es in der Kulturkapelle weiter. Am 12. September spielt Wolfgang Kalb, am 10. Oktober Liedermacher Stefan Gliwitzki, am 24. Oktober ist der Comedian Tobias Beitzel zu Gast. Am 24. November erinnert Achim Amme an John Lennon. Tickets: kulturamt@haiger.de, weitere Informationen gibt es auf www.haiger.de (Terminkalender).