Einen gemeinsamen Nenner finden


„Sie haben die Chance, bei der Frage mitzureden, wie sich Haiger entwickeln soll. Bitte beteiligen Sie sich - es ist schließlich Ihre Stadt“, bat Bürgermeister Mario Schramm zu Beginn des Bürgerforums „Lebendige Zentren“ eindringlich. Und die rund 90 interessierten Bürger ließen sich nicht lange bitten. Im Anschluss an interessante Vorträge der Projektplaner (siehe eigenen Bericht) nutzten die Besucher die Chance, ihre Kritikpunkte und Ideen vorzubringen. Dabei kamen viele nachdenkenswerte Punkte zu Tage, die in die Überlegungen der Planer einfließen sollen. „Die Haigerer haben toll mitgemacht, dieser Abend hat sich definitiv gelohnt“, freute sich Bürgermeister Schramm.

Das bestätigte auch Michael Stoll vom Büro DSK, der eine sehr positive Bilanz zog. „Wir freuen uns über die gute Reso- nanz und die konstruktiven Beiträge, die für die Planer absolut gewinnbringend sind“, sagte Stoll. Er versprach nach dem Forum, dass die Fachbüros und Verkehrs- sowie Freiflächenplaner „die Ideen mitnehmen, auswerten und in die bereits begonnene Planung integrieren werden“. Wenn das Planungswerk fertig sei, werde es der Politik vorgestellt und dort „gesichtet und bewertet“. Anschließend, etwa im späten Frühjahr 2023, sei die Vorstellung der Pläne in einer öffentlichen Veranstaltung vorgesehen. „Unser großes Ziel ist es, Haiger besser zu machen“, fasste Stoll zusammen.

Nicht überall sieht es nach „guter Stube“ aus

Er hatte im Vorfeld kurz das Programm „Lebendige Zentren“ vorgestellt. Der Marktplatz sei „die gute Stube Haigers“ – aber leider sehe es nicht an allen Stellen in der Stadt nach „guter Stube“ aus. Deshalb habe sich Haiger 2019 für die Aufnahme in das Förderprogramm „Lebendige Zentren“ beworben. Ziel sei eine Erneuerung der Innenstadt. 2020 sei ein Integriertes Stadtentwicklungs-Konzept erarbeitet worden (ISEK), das vom Stadtparlament in 2021 verabschiedet wor- den und der Förderbehörde in Wiesbaden vorgelegt worden sei.

Erste konkrete Projekte seien das Anreizprogramm für Fassadensanierung, die Sanierungs-Planung der Stadthalle, der Umbau des Bahnhofs zum Verkehrs-Knotenpunkt und der Umbau des Hauses Ehe zum „Stadthaus“. Wie Stoll mitteilte, liegen der Stadt Bewilligungsbescheide über Zuschüsse in Höhe von fünf Millionen Euro vor. Jetzt geht es um die Frage, wie sich die Innenstadt entwickeln soll, wobei großer Wert auf die „Steigerung der Aufenthaltsqualität“ gelegt werden soll.

Zu diesem Thema hatten die Bürger einige Ideen, wie in der sehr konstruktiven Diskussion deutlich wurde. Ein wesentlicher Wunsch vor allem der jüngeren Haigerer, ist ein Kinderspielplatz in der Innenstadt. Viele lobten den multifunktionalen Marktplatz mit seinen vielfältigen Möglichkeiten. Dennoch müsse aber ein Angebot für Kinder – zum Beispiel ein Klettergerüst – geschaffen werden. „Die Jugend hätte gerne einen Park zum Chillen“, berichtete ein Vater, während eine Bürgerin daran erinnerte, dass in der Oberen Hauptstraße vor Jahren bereits eine Galerie-Überdachung angedacht war. Auch am Marktplatz könnten kleinere Bereiche überdacht werden, um auch bei schlechterem Wetter eine Verweilmöglichkeit zu bieten.

Alte Bundesstraße für Durchgangsverkehr unattraktiv machen

Breiten Raum nahm das Thema „Verkehr“ ein. Hier wurde angemahnt, dass Tempo-Limits auch überwacht werden müssten. Ein Bürger forderte, die ehemalige Bundesstraße (Hinterm Graben bis Bahnhofstraße) „für den Durchgangsverkehr unattraktiv zu machen“. Nur so könne verhindert werden, dass dort zu viel Verkehr herrsche und zu schnell gefahren werde. Eine zwischen beiden Fahrspuren angebrachte Baumreihe von der Allendorfer Straße bis zum Bahnhof wurde ebenso diskutiert wie Kreisverkehre und Aufpflasterungen, die die Verkehrsteilnehmer zwingen, den Fuß vom Gas zu nehmen.

Interessiert sind die Bürger offenkundig auch an der Gestaltung des Karl-Löber-Platzes und des benachbarten Aubach-Ufers. Einige Teilnehmer am Forum sprachen sich für eine Veränderung dieses Bereichs aus und plädierten dafür, den ein oder anderen Parkplatz wegzunehmen und dafür ansprechende Verweil-Zonen zu schaffen.

Barrierefreiheit am Bahnhof ist wichtig

Kritisiert wurde einmal mehr der Zustand des Bahnhofs, der nicht barrierefrei ist und keinen guten Eindruck hinterlässt. Bürgermeister Mario Schramm berichtete von seit fünf Jahren laufenden Diskussionen mit der Bahn AG. Ziel sei es, dass Fahrgäste „barrierefrei zum Bahnsteig kommen“. „Lösungsansätze liegen vor, aber die Bahn hat uns erklärt, dass vor 2026 nicht gebaut wird“, sagte Schramm. Er berichtete, dass die aktuelle KOMPASS-Umfrage der Stadt und der mittelhessischen Polizei ergeben habe, dass sich die Bürger besonders am Bahnhof und auf dem Rad- und Gehweg am Aubach (zwischen Herkules-Markt und OBI) unsicher fühlen. Diesen Themen gehe die Stadt – unabhängig von der laufenden Diskussion über die „lebendigen Zentren“ – selbstverständlich nach.