Allgemeinverfügung über das Verbot des Mitführens und der Verwendung von Glasbehältnissen für den Veranstaltungsbereich des Altstadtfestes 2025 in Haiger


Gemäß §§ 1, 11, 14 Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2005 (GVBl. I S. 14), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2024 (GVBl. 2024 Nr. 83) erlässt die Stadt Haiger folgende

Allgemeinverfügung

über das Verbot des Mitführens und der Verwendung von Glasbehältnissen
für den Veranstaltungsbereich des Altstadtfestes 2025 in Haiger:

1. Mitführungs- und Benutzungsverbot von Glasbehältnissen

In der Zeit von Samstag, 12.07.2025 bis Sonntag, 13.07.2025 ist das Mitführen und die Benutzung von Glasbehältnissen, das heißt alle Behältnisse, die aus Glas hergestellt sind (wie zum Beispiel Flaschen und Gläser) zu den in Ziffer 2. näher definierten Zeiten im öffentlichen Raum in den unter Ziffer 3. definierten Bereichen (Veranstaltungsgelände des Altstadtfestes 2025) gemäß § 11 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) untersagt.  

Ausgenommen von diesem Verbot ist das Mitführen von Glasbehältnissen durch Getränkelieferanten zu Lieferzwecken und Personen, welche diese offensichtlich und ausschließlich zur unmittelbaren Mitnahme zur häuslichen Verwendung mit sich tragen oder erworben haben.

Diese Anordnung gilt auch nicht für den Ausschank von Getränken in Gaststätten, wenn der Verzehr der Getränke in den Räumen der Gaststätte erfolgt und die Glasbehältnisse in den Räumen der Gaststätte verbleiben, sowie in abgeschlossenen Veranstaltungsbereichen mit Sondergenehmigung.

Sie gilt auch nicht für den Ausschank von Wein, Sekt und Cocktails im Veranstaltungsbereich.

Um aber auch den Nachschub an Glasbehältnissen zu unterbinden, wird sowohl den Gaststättenbetreibern als auch Privatpersonen in diesem Bereich untersagt, Getränke in Glasbehältnissen über die Straße in den öffentlichen Raum abzugeben bzw. zu verkaufen.

2. Zeitlicher Geltungsbereich:

Das Verbot in Ziffer 1. gilt aufgrund der andauernden und besonderen Gefahrenlage für die Zeit des Altstadtfestes vom 12.07.2025 ab 18:00 Uhr bis zum 13.07.2025, 03:00 Uhr.

3. Räumlicher Geltungsbereich:

Das Mitführungs- und Benutzungsverbot von Glasbehältnissen nach Ziffer 1. erstreckt sich neben dem Buspendelverkehr für die Altstadtfestbesucher auf folgende öffentliche Straßen, Wege und Plätze in Haiger (Gelände des Altstadtfestes 2025):

  • Altstadtbereich der Kernstadt Haiger
  • Teilstück der Straße „Hinterm Graben“ und „Löhrstraße“ (Ortsdurchfahrt)
  • Paradeplatz (Flur 10, Flurstück 366/1)
  • Fußweg am „Lohgraben“ (zwischen „Löhrstraße“ und „Reiherstraße“)
  • Gelände der Johann-Textor-Schule

Der räumliche Geltungsbereich der Allgemeinverfügung kann den beigefügten Lageplänen entnommen werden. Die Lagepläne sind Bestandteil dieser Allgemeinverfügung.

4. Androhung von Zwangsmitteln:

Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot wird hiermit das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwanges in Form der Sicherstellung der mitgeführten Glasbehältnisse nach § 40 Absatz 1 Nr. 4 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) angedroht.

5. Anordnung der sofortigen Vollziehung:

Aus Gründen des öffentlichen Interesses wird die sofortige Vollziehung des unter Ziffer 1.1 geschilderten Verbotes angeordnet, mit der Folge, dass ein eventuell eingelegter Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat.

6. Widerrufsvorbehalt:

Diese Allgemeinverfügung ergeht unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs.

7. Bekanntgabe:

Die Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Absatz 4 Satz 4 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz (HVwVfG) mit dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben.

Begründung:

Zu 1. Mitführ- und Benutzungsverbot von Glasbehältnissen:

Der Konsum von Getränken ist in aller Regel ein fester Bestandteil bei Großveranstaltungen, so auch bei den vergangenen Altstadtfesten.
Das Altstadtfest ist das größte Open-Air-Festival im oberen Dilltal. Es werden zwischen 5.000 und 8.000 Personen während des gesamten Veranstaltungszeitraumes erwartet.
Das Veranstaltungsareal umfasst eine brutto Gesamtfläche von ca. 50.000 m².
Zum Feiern gehört der Konsum von Getränken. Eine Vielzahl von Besucher*innen konsumieren mitgebrachte Getränke in Glasflaschen. Das anfallende Leergut wird überwiegend nicht ordnungsgemäß entsorgt, sondern einfach auf den Boden gestellt, fallengelassen oder bewusst zerschlagen, sodass nach kurzer Zeit der Boden mit Flaschen und Glasscherben übersät ist. 

In der Masse der Besucher*innen werden dann die Flaschen zu Stolperfallen. Sie können Verletzungen verursachen und werden bei körperlichen Auseinandersetzungen als gefährliche Waffe eingesetzt. Unabhängig von der erheblichen Menge an Glasmüll, der hierbei entsteht, birgt die Vielzahl an Scherben ein erhebliches Gefahrenpotenzial.

Rechtlich betrachtet liegt somit in all diesen vielen Fällen jeweils ein Verstoß gegen das Verunreinigungsverbot von § 3 Absatz 1 Nr. 1 der Gefahrenabwehrverordnung über die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung auf und an den öffentlichen Verkehrsflächen, Anlagen sowie Einrichtungen im Gebiet der Stadt Haiger und damit eine Störung der öffentlichen Sicherheit vor.

Die Glasscherben führen zu Verletzungen bei Menschen und Tieren und können zu Materialschäden bei Fahrrädern und Kraftfahrzeugen, insbesondere bei Dienst- und Einsatzfahrzeugen der Polizei, der Feuerwehr, des Ordnungs- und des Rettungsdienstes sowie Fahrzeuge des städtischen Bauhofs, die ohne herumliegendes Glas so nicht eintreten würden, führen. Eine besondere Gefahr entsteht auch dadurch, dass Rettungskräfte aufgrund der Scherben nicht fahren können oder wegen einem beschädigten Reifen erst verspätet bei Hilfesuchenden ankommen. Dadurch kann es zu Zeitverzögerungen auch bei lebensrettenden Einsätzen kommen. Mit dem Grad der Alkoholisierung der Besucher*innen steigt hierbei die Gefahr von Glasbruch. Flaschen werden bewusst zerschlagen oder unbeabsichtigt weggetreten und zersplittern dabei. Zudem steigert sich durch den vermehrten Alkoholgenuss bei Großveranstaltungen erfahrungsgemäß die Gewaltbereitschaft der Besucher*innen. Die Hemmschwelle, eine Flasche als Wurfgeschoss oder Schlagwaffe zu verwenden, ist in den vergangenen Jahren deutlich gesunken.

Rechtsgrundlage für die getroffene Regelung in Ziffer 1. ist § 11 HSOG in der geltenden Fassung. Danach können die Gefahrenabwehr- und die Polizeibehörden die erforderlichen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Unter dem Begriff der öffentlichen Sicherheit versteht man die Unverletzlichkeit der objektiven Rechtsordnung sowie die subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen. Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn bei ungehindertem Ablauf des Geschehens in überschaubarer Zukunft mit einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Je bedeutsamer das betroffene Rechtsgut zu bewerten ist, desto eher ist eine Gefahr anzunehmen und desto niedriger sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts im Einzelfall (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 25.02.2013, Az.: 18 K 6433/12).

Während des Altstadtfestes ist im gesamten Stadtgebiet mit großen Menschenansammlungen zu rechnen. Bei Großveranstaltungen, bei denen auf engstem Raum mit besonders ausgelassenem sowie mit alkoholbedingtem aggressivem Verhalten zu rechnen ist, hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt, dass Glasflaschen zwischen dicht gedrängten Menschenmassen aus Sicherheitsgründen nicht verantwortet werden können (vgl. OVG NRW, Urteil vom 09.02.2012, Az.: 5 A 2375/1, siehe auch Heckel, NVwZ 2012, 88, 90). 

Es gilt aus polizeilicher Erfahrung als gesichert, dass es häufig bei Großveranstaltungen, bei denen Trinkgefäße aus Glas in großer Anzahl ausgegeben werden, zu erheblichem Glasbruch kommt. Dies bringt eine erheblich erhöhte Verletzungsgefahr für die Besucher der Großveranstaltungen mit sich. Verletzungsgefahren gehen sowohl für nüchterne als auch betrunkene Besucher*innen aus. So droht nicht nur die sich mit zunehmenden Alkoholkonsum steigernde Gefahr, dass Menschen stolpern, stürzen und hierbei in Glasscherben geraten. Ebenfalls sind Schnittverletzungen an den Knöcheln oder durch die Schuhe hindurch möglich. Das Glasverbot soll Schnittverletzungen verhindern und dient damit dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Besucher*innen, der Ordnungskräfte und auch der Passanten. Zudem stellen die Glasscherben auch für Tiere eine Gefahr dar. Vor allem für Hunde, die mit ihren Besitzern (Anwohnern) auf den Straßen unterwegs sind, besteht die Gefahr, dass sie von herumliegenden Scherben erheblich verletzt werden können.

Es ist weiterhin zu befürchten, dass gewaltbereite Besucher*innen bei Auseinandersetzungen Glasbehältnisse als Wurfgeschosse einsetzen. Bei Verwendung von Glasbehältnissen als Wurfgeschosse wird die Gefahr massiver Körperverletzungen deutlich erhöht. Dass hier Glasbehältnisse (zum Beispiel Glasflaschen) eingesetzt werden, ist hinreichend durch polizeiliche Erfahrungswerte bei Großveranstaltungen belegt. Es liegt nicht nur ein Gefahrenverdacht, sondern bereits mit dem Verbringen der Glasbehältnisse in das Veranstaltungsgelände eine konkrete Gefahr vor. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes besteht schon allein durch dieses Verhalten, das bei ungehindertem Geschehensablauf in dem beschriebenen Meer an Scherben endet. Insoweit bildet nicht erst das Wegwerfen, Abstellen oder gar Zerschlagen eines Glasbehältnisses die potenzielle Gefahr, darin liegt vielmehr bereits die Störung der öffentlichen Sicherheit. Die Gefahr, das heißt der zu erwartende Eintritt der Rechtsverletzung, ist bereits mit dem Einbringen der Flaschen auf das Veranstaltungsgelände gegeben. 

Die Scherben können aufgrund der Beschaffenheit der Straßen, Wege und Plätze der Stadt Haiger (teilweise unbefestigt, also nicht asphaltiert oder gesondert befestigt bzw. mit Kopfsteinpflasterung) nicht restlos entfernt werden und werden zwischen Pflastersteine gedrückt bzw. im Boden festgetreten, sodass auch an den darauffolgenden Tagen und Wochen noch Verletzungsgefahren durch herumliegendes Glas bzw. Glassplitter drohen.

Die Stadt Haiger hat Maßnahmen zu ergreifen, um Verletzungen an zu schützenden Rechtsgütern zu verhindern. Es ist nicht nur der möglicherweise grundrechtlich zu schützende Anspruch übriger Personen zu beachten, die sich im öffentlichen Verkehrsraum weitestgehend frei von Verletzungsgefahren bewegen können. Es ist auch das hohe Gut der körperlichen Integrität und der körperlichen Unversehrtheit zu schützen. 

Ohne ein Glasverbot werden in einem erheblichen Umfang Glasbehältnisse, möglicherweise auch unabsichtlich, aufgrund der Enge und der Bewegung zu Bruch gehen. Vorliegend besteht also nicht nur eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern diese kann nach derzeitigem Wissenstand mit Sicherheit vorhergesagt werden. Dies gilt insbesondere für dadurch verursachte Körperverletzungen sowie Verstöße gegen die Gefahrenabwehrverordnung über die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung auf und an den öffentlichen Verkehrsflächen, Anlagen sowie Einrichtungen im Gebiet der Stadt Haiger, die mit Sicherheit eintreten werden. Darüber hinaus besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass durch eine unglückliche Schnittverletzung Leib und Leben der Beteiligten aber auch Unbeteiligten (zum Beispiel Anwohner) gefährdet sind.
Das Mitführ- und Benutzungsverbot von Glasbehältnissen ist eine notwendige Maßnahme in diesem Sinne. Denn angesichts des zu dem Altstadtfest zu erwartenden Verhaltens in Bezug auf die Benutzung von Glasbehältnissen in Zusammenhang mit den Feierlichkeiten ist auf den betroffenen Straßen eine Gefahrenlage zu prognostizieren, die ein Glasverbot erforderlich macht. Den von den Glasbehältnissen und Glasscherben drohenden Verletzungsgefahren für die Besucher*innen des Altstadtfestes kann wirksam durch ein Glasverbot begegnet werden.

Die Allgemeinverfügung richtet sich an alle Personen, die die o.g. Bereiche betreten und/ oder sich dort aufhalten und Glasbehältnisse mit sich führen bzw. diese benutzen. Gemäß § 6 HSOG haben sich die Maßnahmen gegen sie zu richten, da diese Personen die oben beschriebene Gefahr verursachen. Sie sind in dem unter Ziffer 2. genannten Zeitraum in den gekennzeichneten Bereichen Störer, da sie die Handlungskette in Gang setzen, die nahezu naturgesetzmäßig zu dem weggeworfenen und zerbrochenen Glas auf dem Gelände des Altstadtfestes führen wird.

Die Inanspruchnahme der Besucher*innen, die Glasbehältnisse mit sich führen, als nicht verantwortliche Personen nach § 9 HSOG ist ebenfalls gerechtfertigt.

Diese Allgemeinverfügung ergeht zur Abwehr einer an dem bezeichneten Veranstaltungstag vorliegenden gegenwärtigen Gefahr (§ 9 Absatz 1 Nr. 1 HSOG); Maßnahmen gegenüber denjenigen, die ordnungswidrig Glas entsorgen, sind nicht oder nicht rechtzeitig möglich oder versprechen keinen Erfolg (§ 9 Absatz 1 Nr. 2 HSOG); die Gefahrenabwehr- oder die Polizeibehörde kann die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder durch beauftragte Dritte (§ 9 Absatz 1 Nr. 3 HSOG) oder auf andere Weise (§ 9 Absatz 2 HSOG) abwehren und die Inanspruchnahme kann ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten erfolgen (§ 9 Absatz 1 Nr. 4 HSOG):

  • Die im Veranstaltungsgelände zu erwartenden und unüberschaubaren Mengen von ordnungswidrig entsorgten Glasbehältnissen und Scherben stellen zwischen den tausenden Besucher*innen und teilweise alkoholisierten Menschen auf jeweils engem Raum augenscheinlich eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben von Personen dar (§ 9 Absatz 1 Nr. 1 HSOG). Angesichts des erfahrungsgemäß hohen Risikos von Reifenschäden durch Glasscherben besteht zudem eine Behinderung und Verzögerung von Notfalleinsätzen. Auch eine Verwendung der Glasbehältnisse als Wurfgeschosse durch aggressive und stark alkoholisierte Besucher*innen ist nicht auszuschließen, durch die auch Unbeteiligte in Mitleidenschaft geraten können. Allein die Masse der zwischen dicht gedrängt feiernden Besucher*innen liegenden Glasabfällen und Scherben rechtfertigt bei lebensnaher Betrachtung bereits für sich genommen die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben von Personen. Bei einer derartigen Sachlage sind durch Glasscherben verursachte Verletzungen und Sachschäden absehbar, ohne dass etwa hinzutretende Verursachungsbeiträge im Einzelnen aufgeklärt werden müssen.
  • Ein erfolgversprechendes Vorgehen gegen diejenigen, die im Schutz der Menschenmassen ihre Flaschen ordnungswidrig auf den Straßen und Plätzen entsorgen, ist mit den verfügbaren Einsatzkräften der Stadt Haiger und der Polizei nicht möglich (§ 9 Absatz 1 Nr. 2 HSOG). Das plötzliche Wegwerfen von Glasbehältnissen ist gerade in Menschenmassen regelmäßig nicht erkennbar und lässt sich daher praktisch nicht verhindern. Ein Vorgehen lediglich gegen einzelne Personen, die gezielt Flaschen unsachgemäß abstellen oder gar zerschlagen und zweifelsohne auch Störer sind, bietet keinen ausreichenden Schutz bei der Masse an Besucher*innen. Selbst beim Einsatz aller zur Verfügung stehenden Ordnungskräfte ist eine flächendeckende Kontrolle nicht möglich, sodass Rechtsverstöße nur in geringem Maße geahndet werden könnten.
  • Die Stadt Haiger kann die Gefahr auch nicht oder nicht rechtzeitig selbst, durch beauftragte Dritte oder auf andere Weise abwehren (§ 9 Absatz 1 Nr. 3 und Absatz 2 HSOG). Weder zeitnahes Einsammeln von Glas noch das Aufstellen zusätzlicher Abfallbehälter könnten die Gefahrenlage erfahrungsgemäß mindern. 
  • Das Glasverbot in Ziffer 1. führt schließlich auch nicht zu einer erheblichen eigenen Gefährdung oder einer Verletzung höherwertiger Pflichten der Adressaten dieser Allgemeinverfügung (§ 9 Absatz 1 Nr. 4 HSOG). Im Gegenteil dient das Glasverbot dem Schutz von Leib und Leben aller Besucher*innen, auch der durch diese Allgemeinverfügung Verpflichteten.

Durch das Mitführungs- und Benutzungsverbot von Glasbehältnissen wird weitestgehend sichergestellt, dass diese nicht in den Bereich der feiernden Besucher*innen vor den geplanten Bühnen gelangen. Das Verbot in Ziffer 1. ist geeignet, die oben aufgezeigten Gefahren von Glas und Glasbruch in den stark besuchten Bereichen abzuwehren. Glasbehältnisse, die nicht in die Veranstaltungsfläche gelangen, können dort weder zerstört werden, noch kann jemand hineinfallen. Es wirkt dem als typisch anzusehenden Geschehensablauf entgegen, wonach mitgebrachte Glasbehältnisse ordnungswidrig auf der Straße entsorgt werden und dort in ihrer Gesamtheit ein „Scherbenmeer“ entstehen lassen.

Das Glasverbot ist zudem erforderlich, da kein milderes, ebenso wirksames Mittel existiert. Gegen die Scherben verursachenden Personen im Einzelfall vorzugehen, verkennt ebenfalls die Umstände. Abgesehen davon, dass eine wirksame Kontrolle schon aus Gründen der Personalstärke der Ordnungsbehörde wohl unmöglich ist, handelt es sich auch um ein deutlich weniger effizientes Mittel, weil es regelmäßig erst dann einsetzt, wenn die Gefahr schon eingetreten ist. Auch dem Aufstellen von zusätzlichen Abfallbehältern, einem zeitnahen Einsammeln der Glasbehältnisse und einem häufigen Fegen des Geländes kommt nicht dieselbe Wirksamkeit bei der Vermeidung von Schnittverletzungen etc. zu, wie dem Verbot in Ziffer 1..

Die Maßnahme steht auch nicht erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg. Gegenüber den zu bekämpfenden Gefahren wiegt die mit dem Verbot einhergehende Belastung für die Besucher*innen, Glasbehältnisse in abgegrenzten Bereichen weder mitführen noch benutzen zu dürfen, weniger schwer. Zwar stellt der Verzicht auf das Mitführen und Benutzen von Glasbehältnissen eine Einschränkung dar, die jedoch durch den Einsatz alternativer Materialien minimiert werden kann. Ein solches Verbot verhindert nicht den Spaß am Feiern, da Alternativen, die auf dem Altstadtfest 2025 erhältlich sind (zum Beispiel Kunststoff- oder Hartplastikbecher) und sich – nicht zuletzt aufgrund des gesteigerten Sicherheitsgefühls bei Großveranstaltungen – einer breiten Akzeptanz erfreuen.

Von dem unter Ziffer 1. angeordneten generellen Mitführungsverbot von Glasbehältnissen sind lediglich Getränkelieferanten und diejenigen Personen ausgenommen, die Glasbehältnisse offensichtlich und ausschließlich zum häuslichen Gebrauch mit sich führen. Damit besteht für Lieferanten und Anlieger innerhalb des Geltungsbereichs die Möglichkeit, Getränke in den entsprechenden Gewerbebetrieb bzw. nach Hause zu bringen. Insgesamt wiegen die hinzunehmenden Einschränkungen der Besucher*innen des Altstadtfestes durch das räumlich und zeitlich beschränkte Glasverbot weniger schwer als die zu bekämpfenden Gefahren.

Das Verbot in Ziffer 1. genügt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und ist zur Gefahrenabwehr geeignet und erforderlich und führt nicht zu einem Nachteil, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Insbesondere deshalb, weil beim Bestehen berechtigter Interessen weitreichende Ausnahmen formuliert werden und zudem auch beantragt werden können.

Zu 2. Zeitlicher Geltungsbereich:

Die Allgemeinverfügung gilt – unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs – für den Veranstaltungstag ab 18:00 Uhr bis zum Folgetag, 03:00 Uhr. Die Veranstaltung dauert bis in die späten Nachtstunden an und ist nach Erfahrung vergangener Altstadtfeste bereits kurz nach Veranstaltungsbeginn bis nach Programmende sehr stark besucht. Dies rechtfertigt die Anordnungen in Ziffer 1. im Zeitraum von 18:00 Uhr bis 03:00 Uhr (am Folgetag). 

Zu 3. Räumlicher Geltungsbereich:

Um eine wirkungsvolle Vermeidung von Glasbruchschäden und Schnittverletzungen zu gewährleisten, erstreckt sich der räumliche Geltungsbereich für die angeordneten Maßnahme zu Ziffer 1. auf das komplette Gelände des Altstadtfestes 2025. Eine Beschränkung auf einzelne Bereiche wäre nicht geeignet, das bestehende Schutzziel zu erreichen. 

Zu 4. Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung:

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung stützt sich auf § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der zurzeit gültigen Fassung. Sie ist zum Schutze der Allgemeinheit notwendig, da nur so sichergestellt werden kann, dass die getroffene Anordnung unmittelbar vollziehbar ist. Die aufschiebende Wirkung eines eventuell eingelegten Widerspruchs hätte zur Folge, dass das angeordnete Verbot erst nach Abschluss eines oft sehr zeitaufwendigen Widerspruchsverfahrens durchgesetzt werden könnte.

Insbesondere die Gefahr der Beeinträchtigung der o.g. Rechtsgüter und das Eintreten von Ordnungswidrigkeiten gebietet ein sofortiges Handeln. Ohne die Anordnung des Sofortvollzuges könnte der v.g. Gefahrenlage nicht wirksam begegnet werden. Eine Hemmung der Vollziehung durch einen Rechtsbehelf würde die oben genannten Gefahren für Leib und Leben beziehungsweise die Gesundheit in vollem Umfang bestehen lassen. 

Die Gefahren, welche insbesondere von missbräuchlich benutzten Glasbehältnissen ausgehen, können für so bedeutende Individualrechtsgüter wie Gesundheit, körperliche Unversehrtheit und Eigentum, insbesondere unbeteiligter Personen, so schwerwiegend sein, dass nicht erst der Abschluss eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens abgewartet werden kann. Demgegenüber müssen gleichermaßen das gewerbliche Interesse an einem Verkauf von Glasgebinden und das private Interesse an der Benutzung von Glasbehältnissen in den genannten öffentlichen Bereichen lediglich temporär zurückstehen. 

Die besondere Dringlichkeit ergibt sich aus dem am 12.07.2025 und 13.07.2025 stattfindenden Altstadtfest und den damit verbundenen Menschenansammlungen.

Diese Verfügung ist bis zum Ende des Altstadtfestes 2025 befristet. Bei einem Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung wäre ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung eine gerichtliche Klärung vor Ablauf der Gültigkeitsdauer nicht zu erreichen. Es liegt daher im öffentlichen Interesse, dass das Verbot unverzüglich umgesetzt wird und im Fall eines Widerspruchs nicht abgewartet werden muss, bis das Verwaltungsverfahren bzw. das verwaltungsgerichtliche Verfahren abgeschlossen ist.

Das Interesse der Allgemeinheit und damit der Verhinderung von Gefahren, insbesondere für die körperliche Unversehrtheit, überwiegt damit das eventuelle Aufschubinteresse der hiervon Betroffenen.

Rechtsbehelfsbelehrung:  

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift beim Bürgermeister als örtliche Ordnungsbehörde der Stadt Haiger, Marktplatz 7, 35708 Haiger, Widerspruch erhoben werden.

Hinweise:  

Gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hat die Klage wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung keine aufschiebende Wirkung, sodass die Allgemeinverfügung auch dann befolgt werden muss, wenn sie mit einem Widerspruch angegriffen wird. 

Gemäß dem Hessischen Gesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (HessAGVwGO) sind von der mit der Bearbeitung des Widerspruchs zuletzt befassten Behörde Kosten (Gebühren und Auslagen) nach Maßgabe des Hessischen Verwaltungskostengesetzes in der jeweiligen Fassung zu erheben, soweit der Widerspruch erfolglos geblieben oder zurückgenommen worden ist.

Hinweise der Verwaltung zu möglichen Zwangsmitteln/ Ordnungswidrigkeiten:

Zu Ziffer 1.: Es ist vorgesehen, für jeden Fall des Mitführens oder Benutzens eines Glasbehältnisses mit einem Inhaltsvolumen von bis zu 0,5 Liter zunächst ein Zwangsgeld in Höhe von 35 Euro je Glasbehältnis, beim Mitführen oder Benutzen eines Glasbehältnisses mit einem Inhaltsvolumen von mehr als 0,5 Liter und bis zu 1 Liter, ein Zwangsgeld in Höhe von 60 Euro je Behältnis und bei größeren Glasbehältnissen für jedes weitere Glasvolumen bis zu 0,5 Liter weitere 30 Euro vor Ort im Einzelfall anzudrohen und ggfs. auch festzusetzen.

Anlage:      Übersichtspläne „Veranstaltungsfläche“ Altstadtfest 2025

 

Haiger, 14.05.2025

gez.
Schramm
Bürgermeister